Medien-Selbstinszenierungen / Medien-Ikonen / Herrschaft des Banalen / Banales in den Medien / Guildo Horn / Verona Feldbusch


Konrad Kärn

Medien-Ikonen: Die Herrschaft der Banalität


Abstract: Der folgende Artikel geht der inzwischen uneingeschränkten Herrschaft des Banalen in den Medien auf den Grund. Einerseits produzieren die Medien unablässig 'Banalitäten'/ 'Banales' in Eigen- und Selbstinszenierungen, andererseits können die Medien nicht vom herrschenden gesellschaftlichen Prinzip abstrahieren, und das sind eben - banale Konfigurationen, mit anderen Worten: die bundesrepublikanische Gesellschaft hat sich erfolgreich als banale selbst organisiert und zeugt sich in immer eindringlicheren Bildern auch so fort.

Wir reden von der Herrschaft, nicht vom Triumph des Banalen, denn es handelt sich um das Allgemeingut jedes beliebigen mitteleuropäischen Landes. Auch hat die Herrschaft der Banalität nichts zu tun mit irgendeiner politischen Macht, die als Schatten sich selbst überlebt hat - wenngleich die Schatten länger werden. Jede Art gängig gehandelter Politik ist von unsagbarer Banalität. Mit der Herrschaft der 'Gestelle', der großen Gelder und des elektronisch-technologischen Super-Schraubzieher-Arbeiters in allen seinen Gestalten ist die Welt schon längst gänzlich banal geworden - es hat dies nur noch kaum einer bemerkt,und, weiß er es, wird er sich hüten, dies so offen zu verkünden. Wenn Bohrer im "Merkur" und Assheuer in der "Zeit" diesem Phänomen einen besonderen Charakter verleihen wollen, liegen sie falsch. Natürlich - vom Kunst- und Kulturbetrieb wird immer noch lässig behauptet, die Welt sei nicht banal.

Tatsächlich ist es, vom Geborenwerden bis zum Gegenteil, gerade andersrum, und die Medien, die erscheinen lassen, was Wirklichkeit sein soll, wissen das und lassen ihre Ikonen aufleuchten. Etwa das leichtgeschürzte Mädchen, das unbekümmert seine Kärtchen vor sich hinhalten und in gurrendem Ton lustig-naiv in der Gegend herumplauschen darf, wobei es in seiner Hupen-Show eine Menge jener Fragen stellt, von denen man meint, sie könnten einfach deshalb nicht erscheinen, weil sie zu doof sind.

In Wirklichkeit sind es die eigentlichen Fragen der Zeit. Das ist alles so aus der 'Spur' gesprungen, würde Musil sagen, dass es nun wirklich paßt. Die Banal-Ikonen sollten, da vom Medium TV stets frisch schaumgeboren, öffentlich zu Kultfiguren, ja vielleicht zum Kulturerbe der Menschheit dieser Zeit, erklärt werden. Nur der Rummel auf der Freiburger Frühjahrsmesse ist noch (anti-) ästhetischer. Der Mann mit Himbeereis und Nußecken (welch ein unverstellter Genuß!), der alle lieb hat, ist deshalb der oberste Vertreter und insgeheime Vater der Republik. Er allein verdient den Dichter-Lorbeer, den die Jetzt-Welt noch zu vergeben hat. Er ist der eigentliche geistige Bundes-Artenschutzbeauftragte, denn er beugt der 'Lieblosigkeit' vor. Denn: Wer will nicht geliebt werden? Wieviele bleiben ungeliebt! Und er hat sie alle lieb -. Auch Mielke liebte alle Menschen, war aber doch die böse Seite des Mondes. "Er" hingegen, obwohl die 'Titanic' des guten Geschmacks, liebt wirklich alle. Unbestreitbar stellt er eine reine Offenbarung dar, denn er legt bloß, wovon die Republik, hinter den 'Berliner Fassaden', tatsächlich lebt.Es geht eigentlich nur um die Herrschaft des uneigentlichen Jargons, die Aufgabe der (überflüssig gewordenen) Ernsthaftigkeitsbedingungen der Kommunikation. Auf sympathische Weise bekennt er sich nebenbei zum einfach Daseienden, zu Bauch und lichtem Haar. Wieviele gehen damit schwanger!

Die Botschaft des Nußecken-Mannes ist deshalb überwältigend, sie enthält in der cremig-eingängigen Sahnigkeit seiner etwas breit aufgegangenen Existenz die tiefste und letzte Wahrheit: dass es nämlich keine wesentliche Botschaft mehr gibt - außer die im Neo-Schlager stanniolverpackte, in der, mehrfach eingehüllt,die wohltuend schlichte Banalität des Lebens selbst erscheint, und, noch vorsichtig, aber unaufhaltsam, ans Licht einer passend darauf zugeschnittenen 'Öffentlichkeit' tritt.



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