Eric Rohmer: De Mozart en Beethoven

Dass Musik als die ontisch gehaltvollste aller Künste zu gelten hat, ist ein Gemeinplatz. Schopenhauer bringt diese Einsicht in unübertroffener Klarheit zum Ausdruck. Nietzsche verdichtet sie aphoristisch. Doch im ästhetischen Denken unserer Tage spielt Musik eine untergeordnete Rolle. Literatur, bildende Kunst und Film beherrschen das Feld. Die Musikwissenschaft nimmt wenig Anteil an Auseinandersetzungen um “Intermedialität”, “Paradoxie”, “Differenz”. Sie richtet sich in splendid isolation ein. Wie immer man dies werten mag – der Musik wünscht man größere Aufmerksamkeit. Auch stimmen ‚Theorie und Praxis’ nicht mehr zusammen: Musik spielt im Lebensvollzug eine überragende Rolle, doch wird sie kaum Gegenstand ‚existenzieller’, ontologischer Reflexionen. Die wenigen Versuche, durch Musik Denken und Leben in Einklang zu bringen, werden nur selten gewürdigt. So blieb einer der ambitioniertesten musikphilosophischen Beiträge der letzten Jahrzehnte beinahe ungehört, und dies, obwohl sich sein Autor im zeitgenössischen ‚Leitmedium’ Film profiliert hatte: Eric Rohmers De Mozart en Beethoven. Essai sur la notion de profondeur en musique will der Musik ihre ontologische Würde zurückgeben. Rohmer ist es um absolute Musik zu tun, v.a. das Streichquartett als deren vornehmste Gattung. Zehn Jahre nach dem Erscheinen seines Essais ist es an der Zeit, die Frage, was Musik zur Welterkenntnis beizutragen hat, neu aufzunehmen.