Musik


Von Kino-Wochenschau bis TV-Serien: Gerhard Trede und der ‚ambient‘ Sound der 1950er und 1960er-Jahre

Die musikalische Begleitung von Film und Fernsehen hat Ähnlichkeiten zur Musik in öffentlichen Räumen. In beiden Fällen wird Musik genutzt, um Emotionen zu lenken, Atmosphäre zu schaffen und ein Gesamterlebnis zu bieten. Die Gestaltung von Hintergrundmusik begann bereits mit Erik Satie im späten 19. Jahrhundert und setzt sich bis heute fort mit Komponisten wie Brian Eno. Die Bezeichnungen für diese Bandbreite von Musik lauten ‚Production Music‘, ‚Library Music‘, ‚Ambient Music‘ oder ‚Muzak‘. Der Hamburger Gerhard Trede etablierte sich in den 1950er-Jahren vor allem als Hauskomponist der Deutschen Wochenschau GmbH. Seine Musik prägte nicht nur Kinofilm und Fernsehen in Westdeutschland, sondern auch das musikalische Unbewusste eines internationalen Publikums, und wirkt bis heute nach: nicht zuletzt in der digitalen Vermarktung oder durch Neuarrangements seiner Stücke.

Dieser Artikel erschien am 17.01.2024 in der Zeitschrift Medienobservationen.
Er ist durch die DNB archiviert. urn:nbn:de:101:1-2024010915514218188587

DOI: https://doi.org/10.25969/mediarep/21645

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SUCKCESS und différance – Verschriftlichung in den 1960er-Jahren (Dylan, Derrida)

Der Beitrag setzt sich zum Ziel, zwei unterschiedliche Umbrüche zusammenzu-denken: Mit Subterranean Homesick Blues bricht Bob Dylan 1965 einerseits demonstrativ mit der Folkmusik, während sich mit dem Einsatz von Schrift in der filmischen Umsetzung in Dont Look Back zugleich Bezüge zu Jacques Derridas zeitgleichen Überlegungen in der Grammatologie ergeben. Wie eine gemeinsame Lektüre von Dylan und Derrida zeigt, leiten beide aus dem Verhältnis von Schrift und Stimme die Destabilisierung eines festen und eindeutigen Sinns ab, an deren Ende eine neue Ausrichtung auf den Signifikanten steht. Diese Bewegung bleibt nicht auf diese beiden Akteure beschränkt, sondern ist prägend für theoretische Positionen und künstlerische Praktiken der 1960er-Jahre, programmatisch etwa bei Andy Warhol.

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Künstlerische Subjektphilosophie: Das Echo in Dichtung, Musik und Theater

Der Aufsatz arbeitet die Beziehung zwischen dem Echo-Motiv und der Thematisie-rung von Subjektivität in Literatur und Musik heraus. Das Echo als auditiv erfahrbares Phänomen, das einem Sprecher oder einer Sprecherin seine Aussage (in verzerrter Form) zurückgibt, wird dabei als Wort-Musik verstanden, als eine intermediale Struktureinheit, in der sich Wort und Musik, Sinn und Klang ununterscheidbar miteinander verbinden. Ausgehend von Ovids mythologischer Lesart in den Metamorphosen zeigt der Beitrag anhand eines schlaglichtartigen Streifzugs durch die Geschichte des Echo-Gedichts und der Echo-Komposition die zentrale Funktion des künstlerisch inszenierten Wiederhalls auf. So steht das Echo in Literatur und Musik vom 15. bis ins 18. Jahrhundert für die „Re-flexion“ des Subjekts und ist somit Darstellungsmittel von künstlerischer Subjektphilosophie. Den Abschluss der Ausführungen bildet ein exemplarischer Blick auf das zeitgenössische Sprechtheater, der andeutet, dass das subjektphilosophisch funktionalisierte künstlerische Echo vor dem Hintergrund eines humanistischen Menschenbildes zu verorten ist, das mit den neuen Herausforderungen, denen sich das Subjekt seit Ende des 19. Jahrhundert gegenübersieht, als Darstellungskonvention verblasst.

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American Dreaming Reloaded. Vom Sein zum Tode zur Lust am Leben – Lana del Rey preist in ihren melancholischen Retro-Oden bittersüße Freiheit und Hedonismus sowie ein überkommenes Frauenbild

Vier Alben hat die amerikanische Popballaden-Sängerin mittlerweile an die Spitze der internationalen Charts platziert. Lust for Life (2017) will mit dem bewährten Konzept brechen. Mit Born to Die (2012) hatte Lana del Rey eine eigene Marke in der Musiklandschaft etabliert. Melodramatik und suizidale Atmosphäre, erzeugt durch eine tragische Stimme, „reflektierenden“ Sprechgesang, flächige Synthesizer, verschattete Texte über Verlustängste in der Liebe, menschliche Endlichkeit und Einsamkeit, nicht zuletzt entschleunigte Bewegungen in den Musikvideos, bilden die Charakteristika ihrer Songs. Del Rey scheint die verdrossene amerikanische Hausfrau in ihrer narkotisierenden Vorstadtwelt zu porträtieren, ein Sinnbild der „Müdigkeitsgesellschaft“ (Byung-Chul Han), – oder wie die ZEIT titelte: „Ihre Liebe fault in der Sonne“. Die unglücklichen Lebens- und Liebesgeschichten münden in die Todessehnsucht aus dem irdischen Jammertal. – Verkündet die strahlende Sängerin auf dem jüngsten Albumcover die Abschaffung des Grübelzwangs? Das verbindende Glied zwischen Schwer- und Lebensmut bleibt der Lobgesang auf den amerikanischen Traum, den es nun nicht mehr in seinem Verlust zu betrauern, sondern für die Zukunft zu beschwören gilt, der Jetzt-Zeit zum Trotz.
Eine Retrospektive.

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Iggy Pop. Einem Charismatiker zum 65. Geburtstag

Am 21. April 2012 ist James Osterberg alias „Iggy Pop“ 65 Jahre alt geworden. Dieser Beitrag gratuliert zum Geburtstag einer der letzten lebenden Ikonen des Punkrock und verfolgt anhand von Ausschnitten der (Medien)Biographie Iggy Pops die narrativen Bausteine einer charismatischen Persönlichkeit, um schließlich mit einem Augenzwinkern zu dem Ergebnis zu kommen, dass sich die Begegnung mit Iggy Pop als „Wahrheitsereignis“ der Subjektgenese im Sinne von Alain Badiou begreifen lässt.

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„KONSTANTIN’S ERSTE“: Die sadopoetischen Gesänge des Konstantin Wecker – Oder: Warum man nicht immer jung bleiben darf

Der Beitrag widmet sich der künstlerischen Einordnung von Konstantin Weckers erster Schallplatte, seinen sadopoetischen Gesängen. Auf werkübergreifender Ebene wird hierzu ein Vergleich mit dem Expressionismus des frühen 20. Jahrhunderts gezogen, insbesondere mit dem Frühwerk Gottfried Benns. Dabei wird einerseits auf inhaltliche Parallelen Bezug genommen und andererseits gezeigt, dass Konstantin Wecker auf die expressionistische Technik der Verfremdung traditioneller Form- und Stilmerkmale zurückgreift. Im abschließenden Resümee geht es um die Frage, weshalb Künstler, wie Wecker und Benn, im Alter oftmals auch ästhetisch ‚erwachsen‘ werden und sich vom exzessiv direkten Ausdruck ihrer Frühphase abwenden.

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Jim Morrison ist tot! Zum 40. Todestag von Jim Morrison am 3. Juli 2011

Ausgehend von einer kurzen Schilderung seiner Todesumstände geht der Text auf jene Deutungsmuster ein, die den Blick auf Jim Morrison heute noch ebenso bestimmen wie verstellen. Stattdessen will der Text zeigen, dass wir wenig verstehen, wenn wir Jim Morrison nur als rebellischen Rockmusiker oder seinen Tod als konsequentes Ende eines intensiven Lebens verstehen. Wir könnten viel mehr verstehen und selbst seine Drogenkarriere anders einschätzen, wenn wir ihn so verstehen, wie er sich selbst verstanden wissen wollte: als Autor und Poet. Dafür plädiert dieser Text im Sinne einer Erinnerungsarbeit.

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,Was bedeutet diese Musik?‘ – La bella Anna in Donizettis Liebeselixier

Nach ihren Auftritten als Violetta (La Traviata) und Gilda (Rigoletto) sowie auf einem Gala-Konzert bei den Opernfestspielen des Jahres 2003, brillierte Anna Netrebko als Adina in L’elisir d’amore (1832) in der vergangenen Woche (15. Mai 2011) ein weiteres Mal an der Bayerischen Staatsoper München. Der folgende Beitrag zeigt auf, dass es nicht so sehr der Liebestrank auf Motivebene ist, der die Neuinszenierung der Donizetti-Oper zu einem wundersamen Spektakel macht, sondern die Ernsthaftigkeit der Botschaft, die – allem postmodernen Werterelativismus zum Trotz – die Opernbühne zu einem Ort der Poesie, der Hoffnung und des Glaubens werden lässt.

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The last Queen of Pop – Madonnas denkwürdiges Konzert in München am 18.8.2009

Anlässlich des Münchner Konzerts von Madonna bei ihrer sticky-and-sweet-Tour am 18.8.2009 in München werden einige Beobachtungen zur Entwicklung des Künstler- und Performance-Konzepts angestellt. Madonna – so wird argumentiert – verkörpert dabei in perfekter Inszenierung ein nicht mehr zeitgemäßes Konzept von Diva und einer Pop-Königin in Zeiten seiner Säkularisierung und Republikanisierung.

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