Jahresarchiv | 2009


Ich schieß’ auf deinen Relativismus!

Viel wurde über Woody Allens Komödie Vicky Cristina Barcelona geschrieben. Zumeist hieß es, er spiele allzu sehr mit Klischees, hübsch anzuschauen, aber ohne Tiefgang. Sicher ist da etwas dran, aber wie so häufig im Kino offenbart sich der wahre Kern des Films auch hier in einer scheinbar völlig nebensächlichen Geschichte in der Geschichte. Allen inszeniert zwar das Klischee einer Frau, die getrieben ist von der Sehnsucht nach vollkommener Liebe. Zwischen den Zeilen und Bildern gibt er uns aber auch eine überraschende Antwort auf die Frage, warum die Menschen nach tausenden von Jahren der Zivilisation immer noch nicht gelernt haben, zu lieben.

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„Ich habe nichts mehr zu sehen.” Die Ästhetik des Blicks in Max Frischs und Volker Schlöndorffs Homo faber

Max Frisch verhandelt in dem Roman Homo faber Themen aus dem Bereich der visuellen Wahrnehmung – beispielsweise in den Motiven der Blindheit, des Bilderverbots und der filmischen Aufzeichnung. Der vorliegende Beitrag zeigt, wie der Text anhand dieser Thematik eine implizite Ästhetik zweier Typen des Blicks entwirft, die im Anschluss an Simone de Beauvoir als technischer und magischer Blick unterschieden werden können. Der technische Blick der Kamera ist für diese Ästhetik ein Problemfall, denn Fabers Kamera speichert nur die Ereignisse, verunmöglicht aber eine Präsenzerfahrung. Dieses Problem ist in Volker Schlöndorffs Verfilmung virulent: Im visuellen Medium ist der Blick autoreflexiv und verweist den Film unweigerlich auf seine eigene Medialität.

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Das Bewusstsein der Maschinen. Battlestar Galactica – reloaded

Die reimaginierte TV-Serie Battlestar Galactica gilt als ein Höhepunkt gegenwärtiger Science Fiction. Sie spiegelt aktuelle soziopolitische Brennpunkte unserer Gesellschaft und unserer Zeit in all ihrer Kontroversität wider. Darüberhinaus stellt sie mithilfe der Zylonen, humanoiden kybernetischen Organismen, die Frage nach dem Menschen, seinem Bewusstsein und seiner Subjektivität radikal neu. Der folgende Beitrag versucht, diese Radikalität, mit der Battlestar Galactica das Verhältnis von Mensch und Maschine verhandelt, anhand von diversen Reloads herauszustellen.

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Der Kurzfilm 14ème Arrondissement und die mediale Konstruktion von Liebe

Paris je t´aime so lautet der Titel einer 18-teiligen Kurzfilmreihe des Jahres 2008, deren Filme jeweils nach einem Stadtteil von Paris benannt sind. Dieses außerordentliche Filmprojekt, zu dem 21 internationale Regisseure ihren persönlichen Blick auf die Stadt der Liebe beitrugen und das vergleichsweise wenig Beachtung fand, kann mit einigen hervorragenden Kurzfilmen aufwarten. Besonders der fünfminütige Film 14ème Arrondissement von Alexander Payne, in dem eine amerikanische Touristin in einem Pariser Stadtpark einen emphatischen Liebesmoment erlebt, ist – so die These – ein anschauliches Beispiel, das die konstitutive Wechselbeziehungen von Medialität und Liebe illustrieren lässt. Im Folgenden wird dabei untersucht, welche (Medien-)Strategien der Nähe- und Distanzerzeugung dieser Kurzfilm einsetzt und so zwei in sich verschränkte Rezeptionsweisen provoziert.

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Quentin Tarrantino’s Kill Bill und der Zusammenhang von Kino, Gewalt und Rache

Kaum ein anderer Film als Quentin Tarrantinos Kill Bill in seinen zwei Teilen aus den Jahren 2003 und 2004 hat so sehr Eingang gefunden in die Alltagskultur – jedenfalls in meine Alltagskultur. Seit ich die FünfPunkte-Pressur-Herzexplosions-Technik (Five Point Palm Exploding Heart Technique) beherrsche, fällt es mir wesentlich leichter, soziale Konflikte zu bewältigen, seit ich ein Küchenmesser von Hattori Hanzo besitze, das übrigens nicht den Sicherheitsbedingungen des internationalen Flugverkehrs unterliegt, kommen keine Vertreter mehr an meine Haustür, und seit ich einen gelben Lederanzug wie Uma Thurman habe, hat sich mein Weg zur Uni doch erheblich beschleunigt. Ich erzähle Ihnen das nur, weil ich von Ihnen eine entsprechende – wie ich das nennen würde – Rezeptionsdisposition erwarte für den heutigen Abend, für den heutigen Film.

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The last Queen of Pop – Madonnas denkwürdiges Konzert in München am 18.8.2009

Anlässlich des Münchner Konzerts von Madonna bei ihrer sticky-and-sweet-Tour am 18.8.2009 in München werden einige Beobachtungen zur Entwicklung des Künstler- und Performance-Konzepts angestellt. Madonna – so wird argumentiert – verkörpert dabei in perfekter Inszenierung ein nicht mehr zeitgemäßes Konzept von Diva und einer Pop-Königin in Zeiten seiner Säkularisierung und Republikanisierung.

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Der Dritte Weltkrieg als Reifeprüfung. Struktur und Funktion von Weltkriegsszenarien in aktuellen Superheldencomics

Diese Untersuchung zeigt anhand der beiden gleichnamigen aktuellen Superheldencomics Der Dritte Weltkrieg/World War III die Verarbeitung von Referenzen auf die Comics der 1940er und 1950er Jahre. Von Interesse ist dabei der strukturelle Vergleich der beiden Comics anhand zentraler Kategorien (Feind, Schauplätze, Superhelden).Dabei ist herauszustellen, dass der erste zu betrachtende Comic die Selbstreferenzen und das Kriegsszenario verwendet, um eine neue Generation von Superhelden gegenüber ihren altgedienten Pendants zu etablieren, während die zweite Erzählung umgekehrt die aktuellen Superhelden an ihren Vorgängern misst.

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Nordwand. Ein kritisches Resümee zu einem ,Neo- Bergfilm‘

2008 ist mit dem Film Nordwand ein spektakuläres Bergdrama über den Versuch der Erstbesteigung der Eiger Nordwand im Jahr 1936 in die Kinos gekommen. Der zitathaft an die filmischen Vorbilder der 20er und 30er Jahre anknüpfende Film hat das Genre des Bergfilms innovativ ästhetisch erweitert. In diesem Beitrag wird erläutert, wie sich„Nordwand“ aus dem Fundus der Kultur- und Mediengeschichte der Alpen bedient und kritisch eingeschätzt, wie sich dieser Film dadurch gegenüber seinem historischen Kontext situiert.

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Was hören wir, wenn wir sterben? Ein Nachruf für mich auf den Tod von Michael Jackson

Der Essay geht aus von einer Szene in dem Hollywoodfilm Weil es Dich gibt, in der einer der Protagonisten einen Nachruf auf sich selbst liest. Der kritischen Betrachtungsweise des Films, in die ich diese Szene einbette, schließe ich einen ebenso kritischen Nachruf auf den King of Pop an, um am Ende die Frage zu thematisieren, was wir hören, wenn wir sterben.

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