Erinnerung und Wahrheit im Bild. Medienobservationen in Florian Henckel von Donnersmarcks Werk ohne Autor (2018)

Die deutsche Filmkritik hat Florian Henckel von Donnersmarcks Werk ohne Autor (2018) – anders als die amerikanische – als unzulängliches Biopic über die Künstlerkarriere von Gerhard Richter abgestempelt. Das aber ist nur die eine Seite des Films. Auf der anderen Seite lässt sich eine filmische fiction of memory beobachten. Der Film hat einen pädagogischen Impetus, der seinem englischen Titel „Never Look Away“ folgt, und darüber hinaus eine interessante erinnerungsdrama-turgische Dimension. Diese besteht darin, dass die Fakten einer komplexen, in die Euthanasie-Phase des Nationalsozialismus zurückreichenden und erst 2005 publik gewordenen Täter-Opfer-Konstellation im Familiengedächtnis zu einer eigenen Geschichte mit dem Anspruch auf eine „innere Wahrheit“ verdichtet werden. Der Beitrag untersucht die narrativen Elemente und medientheoretischen Implikationen der Erinnerungsarbeit, die der Film mit Bildern und in Bildern leistet. Werk ohne Autor ist vielleicht der erste Film, der die Geschichte konsequent von der Autorität des Künstlers entkoppelt und das, was wir über sie wissen können und wissen sollen, konsequent dem Kunstwerk überantwortet. Auf diese Weise scheint das postmemoriale Kunstwerk im Zeitalter seiner medialen Reproduzierbarkeit auf seine Autonomie als Erinnerungszeugnis zu pochen, weil es im besonderen Fall (hier: durch die fotosurrealistische Unschärferelation der Gemälde) mehr weiß als der Künstler selbst.

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