Jahresarchiv | 2011


Sein und Zeit: Duncan Jones’ Gedankenspielfilm Source Code

Duncan Jones’ Source Code (2011) ist ein weiteres Beispiel des „Gedankenspielfilms“ (Elsaesser) und des „Bewusstseinsfilms“ (Jahraus). Aus dem Motiv der Zeitreise macht der Regisseur einen ebenso spannenden wie nachdenkenswerten Film über Identität, Kommunikation und Bewusstsein. Der Beitrag untersucht die filmsprachlichen Mittel und die Plot-Strukturen, mit denen die eigentümliche Zeitregie des Films inszeniert wird.

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,Was bedeutet diese Musik?‘ – La bella Anna in Donizettis Liebeselixier

Nach ihren Auftritten als Violetta (La Traviata) und Gilda (Rigoletto) sowie auf einem Gala-Konzert bei den Opernfestspielen des Jahres 2003, brillierte Anna Netrebko als Adina in L’elisir d’amore (1832) in der vergangenen Woche (15. Mai 2011) ein weiteres Mal an der Bayerischen Staatsoper München. Der folgende Beitrag zeigt auf, dass es nicht so sehr der Liebestrank auf Motivebene ist, der die Neuinszenierung der Donizetti-Oper zu einem wundersamen Spektakel macht, sondern die Ernsthaftigkeit der Botschaft, die – allem postmodernen Werterelativismus zum Trotz – die Opernbühne zu einem Ort der Poesie, der Hoffnung und des Glaubens werden lässt.

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Die Jessica Lynch Story

Die Geschichte einer (Kriegs-)Heldin, die keine sein wollte, steht exemplarisch für das Phänomen, wie nicht-verifizierbare Nachrichten in den Medien eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickeln können. Der Beitrag beleuchtet diese Problematik und skizziert, welche Rolle die Glaubwürdigkeit der veröffentlichenden Medien sowie die der Protagonisten dabei spielen.

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Inszenierte Schweigeminute. Über einen ‚Katastrophenclip‘ im ZDF und die Funktion der Musik

Das ZDF sendet im heute-journal vom 12.3.2011 einen Zusammenschnitt von Bildern einer Erdbeben-Tsunami-AtomKatastrophe in Japan und hinterlegt diesen mit Musik von Massive Attack. Von der Empörung darüber und von einigen Annahmen über die Zeichenhaftigkeit von Musik ausgehend werden zwei Thesen zur Frage der Motivation des Senders aufgestellt.

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Am Ende. Alejandro Gonzáles Iñárritus Biutiful

Nach den drei Erfolgsproduktionen Amores perros (2000), 21 Gramm (2003) und Babel (2006) zeichnet in gewohnt affektiver Manier auch Iñárritus – sowohl für den Golden Globe als auch den Oscar als Bester Fremdsprachiger Film nominiertes – Spielfilmdebüt Biutiful (2010) mit Bildern erbarmungslos visueller Expressivität die physisch und emotional erschöpfende Reise seines Titelhelden Uxbal (Javier Bardem) ans ,Ende der Nacht‘. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, dass im Angesicht des nahenden Endes, aller thanatophoben Anspielungen des Films zum Trotz, nicht Weltschmerz und Existenzekel siegen, sondern die zärtliche Schönheit des Lebens in all seinem Schmerz.

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Die Wiederentdeckung des gebrochenen Westernhelden in True Grit

Mit den Namen „Coen-Brothers“ verbindet man aufgrund von Filmen
wie The Big Lebowski, No Country for Old Men oder A Serious Man innovatives, spannungsgeladenes und intelligentes Kino, das das gelegentlich stagnierende und zu Konventionen des Massengeschmacks neigende Hollywood belebt bis revolutioniert hat. Auch in dem neuen Film True Grit des Brüderpaars finden sich erfrischende Ansätze einer Dekonstruktion des durch Männlichkeitsmythen bestimmten Westernhelden. Für eine wirkliche Revolutionierung des Genres, die man von Ethan und Joel Coen erwarten könnte, reichen die durchaus unterhaltsamen ironischen Spitzen der Literaturverfilmung des Romans von Charles Portis und Remakes des John Wayne Klassikers von 1969 allerdings nicht aus. Zu sehr bleibt True Grit altbekannten Genrekonventionen treu.

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Der schwarze Schwan bleibt weiß

Der Beitrag beleuchtet den Zusammenhang von Spiegelmotiv, Subjektmodell, Bewusstseinsdarstellung, Reflexionsfigur, Kunstdiskurs und Gewaltmetapher am Beispiel des Films Black Swan. Wenn der Film am Beispiel des Balletttanzes einen Kunstdiskurs führt und sich im Medium des Spiegels selbst bespiegelt, so muss das, was er von der Kunst fordert, nämlich Überraschung, auch für ihn gelten. Diesem Anspruch wird Black Swan, trotz perfekt erzählter Geschichte und beeindruckender Bebilderung, nicht gerecht.

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Poll. Ein Historienfilm als Reflexionsmedium der Geschichte(n)

Mit Poll ist ein historisches Drama in die Kinos gekommen, das schon jetzt zu den großen cineastischen Ereignissen des deutschen Films dieses Jahres gezählt werden kann. Der Historienfilm bietet eine verdichtete Interpretation der Biografie der Schriftstellerin Oda Schaefer und der europäischen Geschichte kurz vor den Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Dieser Beitrag verfolgt diskursive Interferenzen sozialhistorischer, ideengeschichtlicher und literaturhistorischer Diskurse, auf die Poll anspielt und von einer filmischen Selbstreflexion des Erzählens von Geschichte(n) umrahmt werden.

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