Jahresarchiv | 2011


Sub-Pop – oder: Von unten herab

Das zentrale Paradigma der Pop-Theorie sieht ein Außen bzw. Unten der Gesellschaft vor, das in der Lage ist, widerständige, im besten Falle: revolutionäre Formen zu produzieren, mit deren Hilfe die immergleiche Reproduktion der Verhältnisse unterbrochen werden kann. Der Text rekonstruiert die Figur und untersucht, wie die Kompatibilität der Theorie mit den Umweltverhältnissen erreicht werden soll. Die These ist, dass die Modifikationen der Begrifflichkeit nicht mit einer Änderung des Paradigmas einhergehen, das die Idee der Gegenkultur als unhintergehbare Letztbegründungsebene voraussetzen muss.

heidingsfelder_pop

Jenseits der Gemeinschaft, diesseits der Gesellschaft. Wie der Kulturpessimismus die Wirklichkeit sozialer Medien verfehlt

Soziale Medien wie Facebook sind gegenwärtig ein beliebter Gegenstand kulturpessimistischer Zeitdiagnosen. In diesen Diagnosen erscheinen Soziale Netzwerke als virtuelle Welten, in denen eine Kultur der Oberflächlichkeit, der Inszenierung und der Schein-Gemeinschaft institutionalisiert wird. Doch kulturpessimistische Beobachtungen sozialer Netzwerke überhöhen die soziale Form der Gemeinschaft, sie überzeichnen den Trend einer zunehmenden Virtualität des Lebens und sie übersehen die zunehmende Verwobenheit von Netz und Wirklichkeit. Tatsächlich lassen soziale Netzwerke den Konstruktionscharakter sozialer Beziehungen, der in traditionellen Formen des kommunikativen Miteinanders weitgehend verhüllt wird, eigentlich erst richtig zu Tage treten.

dickel_medien

„KONSTANTIN’S ERSTE“: Die sadopoetischen Gesänge des Konstantin Wecker – Oder: Warum man nicht immer jung bleiben darf

Der Beitrag widmet sich der künstlerischen Einordnung von Konstantin Weckers erster Schallplatte, seinen sadopoetischen Gesängen. Auf werkübergreifender Ebene wird hierzu ein Vergleich mit dem Expressionismus des frühen 20. Jahrhunderts gezogen, insbesondere mit dem Frühwerk Gottfried Benns. Dabei wird einerseits auf inhaltliche Parallelen Bezug genommen und andererseits gezeigt, dass Konstantin Wecker auf die expressionistische Technik der Verfremdung traditioneller Form- und Stilmerkmale zurückgreift. Im abschließenden Resümee geht es um die Frage, weshalb Künstler, wie Wecker und Benn, im Alter oftmals auch ästhetisch ‚erwachsen‘ werden und sich vom exzessiv direkten Ausdruck ihrer Frühphase abwenden.

thor_wecker

Rainer Werner Fassbinders In einem Jahr mit 13 Monden im Korpus der Filmwissenschaft. Tonale Affektbilder im Körperfilm/Filmkörper

Körper und Körperlichkeit werden seit geraumer Zeit verstärkt zum selbstverständlichen Gegenstand geisteswissenschaftlicher Untersuchungen. Der folgende Vortrag geht der Virulenz sowie der zeitlosen Aktualität und Vielfalt dieser Beschäftigung aus der Sicht der Filmwissenschaft nach. Besonders am prominenten Beispiel Rainer Werner Fassbinder, dessen Gesamtwerkperformanz entlang der Begriffe Körperfilm und Filmkörper vorgestellt werden soll, wird das theoretisch fruchtbare und zugleich zur wissenschaftlichen Selbstreflexion einladende Potenzial kontroverser Körperbilder diskutiert.

schlicker_fass

Natürlich Künstlich. Kunst und Körperbild zwischen physischer und artifizieller Präsenz

Aus kunstgeschichtlicher Perspektive betrachtet, beleuchtet der Beitrag die individuelle künstlerische Beschäftigung mit dem Körper in Absetzung und/oder von dessen Abhängigkeit intensiver Präsenz in den Massenmedien. Exemplarisch sollen in dem Beitrag vier divergierende Positionen der letzten Jahre analysiert werden, die zwischen der Affirmation der Darstellung von Natürlichkeit und der Parodie von Künstlichkeit anzusiedeln sind.

sander_final

Körperlichkeit und musikalisches Modell – der Körper im Innermusikalischen

In die kulturwissenschaftlichen Diskurse zu Körperlichkeit, Embodiment und Performativität der letzten 10 bis 15 Jahre sind Fragestellungen zur Körperlichkeit von Musik bereits vereinzelt integriert worden, insbesondere im Zusammenhang der Untersuchung von szenischer Darstellung wie Pantomime, Tanz und Performance Art. Jedoch ist die Frage nach einer innermusikalischen Wirksamkeit von Körperlichkeit, d.h. die Frage, ob und inwieweit der Körper innerhalb eines oft als transitorisch und durchaus immateriell verstandenen Mediums wie der Musik überhaupt Präsenz entfalten und behaupten kann, bis in die Gegenwart nur äußerst selten Gegenstand diesbezüglicher Analysen. Wie kann dieser Körper aufgefunden werden?

becker_koerper

Interdisziplinäre Konzepte zu Adoleszenz und Kreativität am Beispiel von Helene Hegemann und Lena Meyer-Landrut

Helene Hegemann und Lena Meyer-Landrut verdeutlichen als zeitgenössische Medienphänomene das Spannungsverhältnis einer verlängerten Adoleszenz in der Kultur, das mit einer verschwundenen Initiation durch Rituale zusammenhängt. Ich möchte im Folgenden die These aufstellen, dass die beiden Künstlerinnen in der Linie einer positiv verstandenen Adoleszenz verstanden werden können, die kontroverse körperliche Dispositionen über die Konzepte einer Kreativität als Selbstinitiation verdeutlichen.

schneid_hegemann

Aravind Adigas ‘The White Tiger’ (2008). Zwischen Repräsentanz und Kontroverse

Aravind Adiga hat mit seinem Debütroman The White Tiger (2008) den Man Booker Prize for Fiction gewonnen, aber auch für einige Kontroversen unter seinen Kritikern gesorgt. Die kontroversen Themen in der Rezeption des Romans – die Wahrheit des Textes und die Legitimation des Autors – gewinnen mit der Verleihung des Bookers an Signifikanz. Der Booker löst eine zweite Welle an Rezensionen aus, beeinflusst das (Sich-)Positionieren der Kritiker, beleuchtet die Marktstrukturen und ermöglicht so eine Meta-Diskussion über literarische Kommunikation.

auguscik_tiger

Jim Morrison ist tot! Zum 40. Todestag von Jim Morrison am 3. Juli 2011

Ausgehend von einer kurzen Schilderung seiner Todesumstände geht der Text auf jene Deutungsmuster ein, die den Blick auf Jim Morrison heute noch ebenso bestimmen wie verstellen. Stattdessen will der Text zeigen, dass wir wenig verstehen, wenn wir Jim Morrison nur als rebellischen Rockmusiker oder seinen Tod als konsequentes Ende eines intensiven Lebens verstehen. Wir könnten viel mehr verstehen und selbst seine Drogenkarriere anders einschätzen, wenn wir ihn so verstehen, wie er sich selbst verstanden wissen wollte: als Autor und Poet. Dafür plädiert dieser Text im Sinne einer Erinnerungsarbeit.

jahraus_morrison