Jahresarchiv | 2005


Eric Rohmer: De Mozart en Beethoven

Dass Musik als die ontisch gehaltvollste aller Künste zu gelten hat, ist ein Gemeinplatz. Schopenhauer bringt diese Einsicht in unübertroffener Klarheit zum Ausdruck. Nietzsche verdichtet sie aphoristisch. Doch im ästhetischen Denken unserer Tage spielt Musik eine untergeordnete Rolle. Literatur, bildende Kunst und Film beherrschen das Feld. Die Musikwissenschaft nimmt wenig Anteil an Auseinandersetzungen um “Intermedialität”, “Paradoxie”, “Differenz”. Sie richtet sich in splendid isolation ein. Wie immer man dies werten mag – der Musik wünscht man größere Aufmerksamkeit. Auch stimmen ‚Theorie und Praxis’ nicht mehr zusammen: Musik spielt im Lebensvollzug eine überragende Rolle, doch wird sie kaum Gegenstand ‚existenzieller’, ontologischer Reflexionen. Die wenigen Versuche, durch Musik Denken und Leben in Einklang zu bringen, werden nur selten gewürdigt. So blieb einer der ambitioniertesten musikphilosophischen Beiträge der letzten Jahrzehnte beinahe ungehört, und dies, obwohl sich sein Autor im zeitgenössischen ‚Leitmedium’ Film profiliert hatte: Eric Rohmers De Mozart en Beethoven. Essai sur la notion de profondeur en musique will der Musik ihre ontologische Würde zurückgeben. Rohmer ist es um absolute Musik zu tun, v.a. das Streichquartett als deren vornehmste Gattung. Zehn Jahre nach dem Erscheinen seines Essais ist es an der Zeit, die Frage, was Musik zur Welterkenntnis beizutragen hat, neu aufzunehmen.

Liane Schüller: Vom Ernst der Zerstreuung

Die weibliche Angestellte! Heute ist sie genauso selbstverständlich wie in der Schweiz das Wahlrecht der Frau. Das allerdings gibt es erst seit 1960; die weibliche Angestellte indes ist in unseren Landen bereits seit Beginn des letzten Jahrhunderts tätig. Einer besonderen Gruppe, nämlich den schreibenden Frauen, widmet sich die Germanistin Liane Schüller in ihrem Buch “Vom Ernst der Zerstreuung”, das jetzt im Aisthesis Verlag erschienen ist.

Daniel Libeskind – Architektur als “Ereignis”

Libeskinds Bauten sind in besonderer Weise Text, und sie verbinden verschiedene Medien. Tatsächlich gibt es sonst keine Architektur mit einer derart „intermedialen“ Charakteristik. Darum verdient Libeskind Aufmerksamkeit, obwohl ihm Theatralität und Eklektik zum Vorwurf gemacht werden und seine Einlassungen nach Inhalt und Form eher kryptisch sind. Anhand programmatischer Selbstauskünfte sollen die architekturtheoretischen Grundannahmen Libeskinds sichtbar gemacht werden. Der Begriff „Ereignis“ hat dabei besonderen heuristischen Wert.

George Romeros „Land of the Dead“

Einige der blutigsten Splatterfilme gehen auf George Alvar Romeros Konto. Sein „Night of the living dead“ gilt als Geburtsstunde des Zombiefilms, wie man ihn heute kennt, und ohne den auch Capcoms Action-Adventure-Serie „Resident Evil“ nicht entstanden wäre. In seinen Zombiefilmen hatte George Romero nicht nur die Grenze des Zeigbaren im Gruselkino neu ausgelotet und den Jugendschützern neue Dimensionen des Schneidbaren aufgezeigt – Romeros Filme waren immer auch mit einem zynischen Gesellschaftskommentar unterlegt, der seine Filme über die Masse der Metzelfilme hinaushob. 20 Jahre nach seinem letzten Zombiefilm, „Day of the Dead“, kommt Romero mit seinem neuesten Film, „Land of the Dead“ in die deutschen Kinos. Romero, der mittlerweile dem Aussehen seiner Geschöpfe immer ähnlicher wird, liefert mit seinem neuen Film ein typisches Alterswerk ab – gereift führt er die verschiedenen Themen seiner früheren Filme zusammen. Ein Blick auf Romeros frühere drei Zombiefilme lohnt.

Stanley Kubricks Motive

Der folgende Beitrag untersucht einige grundlegende visuelle Motive und Strategien, die insbesondere in dem Film „A Clockwork Orange“ von Stanley Kubrick zu beobachten sind, aber dessen filmisches Werk insgesamt charakterisieren und auszeichnen, z.B. das Motiv des Blicks, der Maskierung, das Doppelgänger-Motiv und die Darstellung von Bürokratie.

Abbado

Zwei Musiker ragen heraus: Furtwängler, Toscanini. Dieser ist Klarheit, Prägnanz; straffe Tempi, trockener Klang ohne Schlacken. „Cantare“ ruft er den Musikern zu: Verdi als Maß aller Dinge. Jener schafft fülligen Mischklang, weich konturiert. Die Tempi, oft breit, werden elastisch gedehnt, stets nach harmonischer Dichte und emotionalem Gehalt der Musik.
Wagner, Brahms, Bruckner, die späte Romantik sind Furtwänglers Maß.

Re-reading Charles Jencks – Figuren postmoderner Architekturtheorie

Als maßgeblicher Architekturtheoretiker der Postmoderne gilt Jencks. Sein zentrales Anliegen ist die „Sprachlichkeit“ der Architektur, vor allem ihre „Metaphorizität“. Im Folgenden werden seine wichtigsten Thesen wiedergegeben und auf Gehalt und Konsistenz hin untersucht. Die leitende Frage ist, ob postmoderne Architekturtheorie noch etwas zu sagen hat.