Jahresarchiv | 2007


Fight Club als Illustration des Spiegelstadiums

Der Film Fight Club weist ironisch auf zahlreiche Aspekte der postmodernen, konsumorientierten, technisch hoch entwickelten Gesellschaft hin und zeigt auf zugespitzte Art und Weise anhand der Protagonisten Jack und Tyler die daraus resultierenden Folgen für das Individuum und somit auch für die Gesellschaft auf. Die Charakterzeichnung der Figur Jack schafft im Film die Bedingungen für eine Konstellation, die Parallelen zu Lacans Theorie des Spiegelstadiums aufweist, und die im Laufe des Films dynamischen Prozessen unterworfen ist, die wiederum im Umfeld von Lacans Theorie interpretiert werden können. In der Schlüsselszene in der obersten Etage des Hochhauses am Ende des Films wird nach Marla die Waffe zum ›Dritten‹, das in der Spaltung von Auge und Blick das Spiegelstadium überwindet. Das bereitet die Frage vor, ob sich die Spiegelbeziehung zwischen Jack und Tyler am Ende des Films löst oder nicht.

„Ruuuf den Notar, Thanatos“: Zu Helmut Krausser und seiner „Kartongeschichte“

Helmut Krausser servierte seinen Lesern neben einem Tagebuchmarathon , Lyrikströmen und erotischen Herausgebereskapaden (Samuel Pepys Schriften) besonders als Prosaautor schon unter anderem den Literaturwissenschaftler als Todesgott, einen Bewusstseins-Rider, der seinem Schöpfer Helmut entgegentritt, Hunde in Pompeii oder den in Maria Callas verliebten Teufel Stanislaus. Nebenbei schlüpfte er in die Rolle des dramaturgischen Spielverderbers im 4. Akt von „Julius Cäsar“, ließ im „Diptychon“ eine Elke zerhacken und schrieb neben einem Destillat des Nibelungenliedes die wahrscheinlich erste Trash-Oper der deutschen Literaturgeschichte. Nach „Eros“ erschien Anfang 2007 die „Kartongeschichte“, ein groteskes, vielleicht neben seinen großen Romanen etwas unterschätztes Werk des multitalentierten Autors, der – trotz eigener Ankündigung – nicht aufhören darf zu schreiben. Eine Annäherung über mehrere Stationen dieses Ausnahmeautors.

Der letzte Mohikaner? Franz Schuh zum Sechzigsten

Franz Schuh wird sechzig. Die Feuilletons jubilieren. Fast gewinnt man den Eindruck, der vormals Unbekannte sei zum allenthalben gehätschelten Lieblingskind deutscher und österreichischer Feuilletonisten aufgestiegen. Weshalb? Bei Wiener Rezensenten mag der Lokalpatriotismus eine Rolle spielen. (Eva Menasse gehört zu den glühendsten Bewunderern Schuhs.) Bei deutschen die Neigung, Wien zum kulturellen Sonderfall, zum ‚ganz Anderen’ Deutschlands hinaufzustilisieren. Da kommt einer vom Schlage Franz Schuhs ganz recht. Seine Beliebtheit allerdings ist damit nicht erklärt. Gewiss, da wäre die hohe Qualität seiner Prosa. Dass Schuh zu den fähigsten Publizisten deutscher Sprache gehört, wer wollte es bestreiten. Als Kolumnist der ZEIT hat er seit längerem Gelegenheit gehabt, mit Glossen, Miszellen und Essais zu exzellieren.

Das Unfassbare erfassen. Künstlerisch-literarische Aufarbeitungsversuche zum 11. September

Fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 überwiegen in der öffentlichen Auseinandersetzung noch immer Unsicherheiten und Spekulationen. Auch in Musik, Literatur und Film ist der Prozess der Verarbeitung noch lange nicht abgeschlossen. Ist doch gerade auf der künstlerisch-kulturellen Ebene der Bedarf an Aufarbeitung eines epochalen Ereignisses umso höher, je größer, je gewaltiger und brutaler dieses Ereignis in unseren Alltag einbricht. Die Anschläge waren ein Ereignis, das unser Fassungsvermögen sprengte und die herkömmlichen Größenordnungen von Realität und Fiktion durcheinander brachte.