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Die Haute Cuisine des Mordens. Eine präsenztheoretische Analyse der TV-Serie Hannibal

Dieser Aufsatz ist ein Versuch, die Ästhetik und Faszination der TV-Serie Hannibal durch einige Ansätze der neuen Präsenztheorie(n), wie sie unter anderem von Hans Ulrich Gumbrecht, Dieter Mersch und Martin Seel formuliert wurden, erklärbar zu machen. Dabei sollen in einem ersten Schritt die beiden zentralen Figuren der Serie näher untersucht und klassifiziert werden. Anschließend wird der Aspekt der Semiotisierung und Ästhetisierung toter Körper beleuchtet, ehe in einem dritten und letzten Schritt die artistischen Mechanismen erläutert werden, die Momente intensiven ästhetischen Erlebens produzieren können.

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Pathologien des Terrors. Homeland als Beitrag zur kollektiven Traumabewältigung

Wie krank ist der Terror? Und wie krank hat er uns gemacht? Homeland ist die klügste Auseinandersetzung mit der Post-9/11-Welt, die es derzeit im Mediensystem zu sehen gibt. Die Serie problematisiert nicht nur den von George W. Bush glorifizierten War on Terror, sondern ist auch als wichtiger Beitrag zur kollektiven Traumabewältigung zu verstehen. Dass die Terroristen jagende Protagonistin unter einer bipolaren Störung leidet, ist zudem ein gekonnter Kniff der Produzenten: Homeland führt das latent Pathologische, das der Suche nach dem überall lauernden Bösen anhaftet, überzeugend vor Augen.

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„Brainy is the new sexy“ – Zur Erotik des Denkens in Sherlock

Steven Moffat und Mark Gatiss liefern mit ihrer BBC-Serie Sherlock eine gelungene Neuinterpretation der Detektivgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle. Dabei verlegen sie nicht nur das Setting in das London der Gegenwart, sondern kreieren auch einen der Menschlichkeit entrückten Protagonisten. Der Sherlock Holmes 2.0 trägt Nikotinpflaster, ist SMS-Junkie, Popstar und hochfunktionaler Soziopath. Als lebende Denkmaschine löst er Fälle, ohne Emotionen zu zeigen. Seine asexuelle Aura ist jedoch trügerisch. Kaum ein anderer Held zelebriert die Lust am Denken in solch exzessiver Weise: Sherlocks Fetisch ist sein eigener Intellekt.

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Zur medienstrategischen (Selbst-)Inszenierung und Poetik des boxenden Subjekts – Am Beispiel des Kampfes von Arthur Abraham und Piotr Wilczewski

Dieses Essay verfolgt an den einzelnen Stationen des Kampfes von Arthur Abraham und Piotr Wilczewski am 31.03.2012 die medialen Inszenierungsstrategien um und im Ring. Dabei wird die These vertreten, dass die mittlerweile massenmedial institutionalisierten Faustkämpfe weit mehr sind, als lediglich Zeugnisse eines letzten Hortes gesellschaftlich legitimierter Schaulust an körperlicher Gewalt unter dem Deckmantel sportlicher Leistungen. Öffentliche Boxkämpfe sind immer auch medienstrategische (Selbst-)Konstruktionen des boxenden Subjekts, die mitunter komplexen Spielregeln folgen.

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Inszenierte Schweigeminute. Über einen ‚Katastrophenclip‘ im ZDF und die Funktion der Musik

Das ZDF sendet im heute-journal vom 12.3.2011 einen Zusammenschnitt von Bildern einer Erdbeben-Tsunami-AtomKatastrophe in Japan und hinterlegt diesen mit Musik von Massive Attack. Von der Empörung darüber und von einigen Annahmen über die Zeichenhaftigkeit von Musik ausgehend werden zwei Thesen zur Frage der Motivation des Senders aufgestellt.

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Das Bewusstsein der Maschinen. Battlestar Galactica – reloaded

Die reimaginierte TV-Serie Battlestar Galactica gilt als ein Höhepunkt gegenwärtiger Science Fiction. Sie spiegelt aktuelle soziopolitische Brennpunkte unserer Gesellschaft und unserer Zeit in all ihrer Kontroversität wider. Darüberhinaus stellt sie mithilfe der Zylonen, humanoiden kybernetischen Organismen, die Frage nach dem Menschen, seinem Bewusstsein und seiner Subjektivität radikal neu. Der folgende Beitrag versucht, diese Radikalität, mit der Battlestar Galactica das Verhältnis von Mensch und Maschine verhandelt, anhand von diversen Reloads herauszustellen.

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Kommerz und Populärkultur. Beispielanalysen zum progressiven Potential von Werbefilmen

Führten in den 1920er-Jahren Avantgarde-Regisseure wie Hans Richter und Oskar Fischinger Werbespots zur künstlerischen Blüte, erstickte der Nationalsozialismus diese durch die für ihn spezifische Instrumentalisierung im Keim – bei den Alliierten war es vordergründig die Vermischung mit Kriegspropaganda. Das Genre konnte sich an die sechzig Jahre lang nicht von diesem Trauma erholen und entwickelte sich – trotz Wirtschaftswunder und TV – zum kreativlosen 30-Sekünder, der als notwendiges Übel betrachtet wurde. Allein der Musikclip, in den 1980er-Jahren eingeführt und dank MTV und VIVA bis heute institutionalisiert, schaffte den Sprung zum Kunstwerk mit inhaltlich wie ästhetisch progressivem Anspruch. Währenddessen gelang es der Werbeindustrie auch durch den Einsatz von Star-Regisseuren wie David Lynch, Oliver Stone oder Volker Schlöndorff nicht, die anhaltende Ablehnung des Publikums gegenüber dem konventionellen Werbefilm zu überwinden. Doch manchmal wandeln sich Dinge – und in diesem Fall war es eine gleichermaßen rasante wie spektakuläre Entwicklung. Wer zurzeit durch das Internet streift, der kann nur staunen: dort gibt es viel frequentierte Websites wie „Cartoonland“ und „Clipland“, wo aus dem Fernsehen zusammengetragene Werbespots beste Vorabend-Unterhaltung bieten. Sogar eine eigene „Rezensionskultur“ hat sich herausgebildet, was zahlreiche Foren wie „Werbeblogger“ bestätigen, da hier interessierte Laien mit Marketing- und Werbeexperten lebhaft diskutieren, um durch konstruktive Kritik für eine „bessere“ Werbung zu sorgen. Die dogmatische Ablehnung des Werbefilms als einer „minderwertigen“, weil nicht an der Kunst orientierten Gattung, ist damit überflüssig geworden, und es ist an der Zeit zu fragen, ob Werbespots nicht doch wie Musikclips in der Lage sind, kommerzielle Intention und populärkulturelle Lesart zu verbinden, d.h. zwischen eindeutiger Werbeabsicht und populärer Unterhaltung zu oszillieren. Wenn weiter unten nun die Werbespots von „Bonus.net“ und „AXA TwinStar“ als exemplum ex negativo analysiert werden und daran anschließend jener positive von „Peugeot“ zum Modell 207, dann soll nicht nur demonstriert werden, dass Werbespots überhaupt in der Lage sind, populär zu wirken und zu erscheinen, sondern es soll auch gefragt werden, welche Verfahren am ehesten geeignet sind, dies zu erreichen bzw. wodurch dies nicht erreicht wird. Hierfür wird die Kombination verschiedener Disziplinen notwendig sein – namentlich Cultural Studies, Filmanalyse und Marketing.

„Ihr seid krank!“ – „Ihr seid schon jetzt alle Gewinner!“

Neulich, nachts beim Zappen, stieß ich zufällig auf eine Show, die mich zuerst ein wenig ungläubig staunen ließ, dann aber sofort fesselte: Es war eine Art „Deutschland sucht den Superstar“-Show, die mich, anders als die gewohnten langweiligen, aalglatten, aber offenbar populären Shows, nach der ersten Verblüffung vollkommen faszinierte. Alle Show-Kandidaten sind geistig Behinderte, die, gemeinsam mit Christoph Schlingensief, voll Begeisterung, Engagement und mit sichtlich größtem Vergnügen eine Superstar-Show inszenierten, samt Jury, diskutierendem Presseclub, politischem Streitgespräch und Tonstudio – in jeweils passender Kostümierung. Ich muss zugeben, dass ich bei dieser Sendung einen Lernprozess durchmachte, wofür ich nun Schlingensief und den geistig behinderten Superstar-Aspiranten dankbar bin.