Jahresarchiv | 2013


Foto von Bernd Scheffer: Norwegen 2

Meditative Fotografie. Bernd Scheffers Landschaften. Vortrag, gehalten am 26. Januar 2013

Am Foto Norwegen 2 wird dargelegt, dass die Bildkonstellation den Betrachter zu einem autogenen, d. h. selbsttätigen Hineinversetzen in einen anderen, stabilen Bildraum stimuliert. Die Einprägsamkeit der Bildkonstellation steht damit in der Nähe der im autogenen Training ermöglichten Selbstfindungserlebnisse, und die Technik der Bildverarbeitung führt im Sinne Max Imdahls zur Transformation des „wiedererkennenden Gegenstandssehens“ in ein „formales, sehendes Sehen“.

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Foto von Bernd Scheffer: Kleine Sandfläche

Abbild und Sinnbild. Verbindungslinien zwischen Fotografie und Musik

Im Kontext von Bild und Klang wird Bernd Scheffers Fotografie “Kleine Sandfläche I” anhand des Gegensatzpaares Abbildung und Konstruktion interpretiert. Hierzu dienen Beispiele musikalischer Graphik sowie den Naturwissenschaften nahestehende Projekte der Klangvisualisierung. Auf dieser Basis wird die Frage gestellt, inwieweit die Oberflächenähnlichkeit dieser Phänomene auch eine Entsprechung in der Tiefenstruktur von Scheffers fotografischer Arbeit findet.

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Neue Medien in Rocky Beach. Die Reflexion kommunikationstechnischer Innovationen in der Hörspielserie Die drei ???

Vieles hat sich in den letzten 30 Jahren in Rocky Beach, dem fiktiven Handlungsort der Hörspielserie Die drei ???, nicht verändert: Die Protagonisten sind kaum gealtert, der Gebrauchtwarenhandel floriert nach wie vor und der Kleinganove Skinny Norris ist noch immer auf der Jagd nach dem schnellen Geld. Mediale Neuerungen haben allerdings durchaus Eingang in die Welt der drei Detektive gefunden, die inzwischen auch per Tastatur und Handy ermitteln. Interessant erscheint dabei vor allen Dingen der Einführungszeitpunkt: Denn einerseits lebt die Serie von der Beständigkeit ihres Settings; andererseits aber gehen die Die drei ??? seit jeher kreativ mit den gegebenen kommunikationstechnischen Möglichkeiten um.

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Pathologien des Terrors. Homeland als Beitrag zur kollektiven Traumabewältigung

Wie krank ist der Terror? Und wie krank hat er uns gemacht? Homeland ist die klügste Auseinandersetzung mit der Post-9/11-Welt, die es derzeit im Mediensystem zu sehen gibt. Die Serie problematisiert nicht nur den von George W. Bush glorifizierten War on Terror, sondern ist auch als wichtiger Beitrag zur kollektiven Traumabewältigung zu verstehen. Dass die Terroristen jagende Protagonistin unter einer bipolaren Störung leidet, ist zudem ein gekonnter Kniff der Produzenten: Homeland führt das latent Pathologische, das der Suche nach dem überall lauernden Bösen anhaftet, überzeugend vor Augen.

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„Und allem Anfang wohnt ein Zauber inne“
Über den Magic Moment der ,Liebe auf den ersten Blick‘ in populären Liebesnarrationen

Im Zentrum von Liebesnarrationen seit dem 18. Jh. steht nicht die bestehende Liebe, sondern die unwahrscheinliche und prekär gewordene Anbahnung von Liebesbeziehungen. Die Analyse einer bestimmten Form des Beginns von Liebesbeziehungen in populären Liebesnarrationen, nämlich der ,Liebe auf den ersten Blick‘, kann zeigen, inwiefern die Liebe gerade über die Inszenierung eines ,Magic Moments‘ Plausibilität gewinnt. Die Kontingenz der Entstehung von Liebe wird mit der Inszenierung der ,Liebe auf den ersten Blick‘ tatsächlich in Notwendigkeit übersetzt.

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„Maybe your movie freaked mind lost its reality button.” – Scream re-visited

Nachdem Wes Craven mit dem vierten Ableger seines Scream-Franchises 2011 trotz Starbesetzung und überdurchschnittlicher Genrekost an den Kinokassen glorreich gescheitert ist, kann der postmoderne (Horror-)Film eigentlich guten Gewissens endgültig als Phänomen der 90er Jahre in die Mottenkiste gepackt werden. Doch zuvor soll an dieser Stelle noch einmal der erste Teil der Serie als Voraussetzung der aktuellen Entwicklungen des Horrorgenres diskutiert werden.

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„So wirklich wie die Wirklichkeit“. Fiktionsbrüche und Emotionalisierung in Michael Hanekes Funny Games (1997)

Am Beispiel von Hanekes Funny Games wird dargelegt, wie eine kritische Haltung in der Rezeption von Kunstwerken nicht auf Basis emotionaler Distanz, sondern durch erzwungene emotionale Teilnahme erzeugt wird. Fiktionsbrüchen kommt hierbei entgegen der gängigen Meinung der Rezeptionsästhetik eine wichtige Funktion bei der Emotionalisierung zu.

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Ein (Fernseh)Auteur und seine Blickregime: Zu Formen impliziter Filmtheorie und Autorkonstruktion in Hanekes Verfilmung von Kafkas Romanfragment Das Schloss

Der Beitrag untersucht die Adaption von Franz Kafkas Schloss-Roman auf die Frage hin, inwiefern sich anhand dieses Fernsehfilms von 1996/7 Leitlinien einer Konzeption von Blickregimen und audiovisuellen Praktiken herausarbeiten lassen, die kennzeichnend sind für Hanekes Gesamtwerk. Grundvoraussetzung der Analyse ist die Annahme, dass Kafkas Romanfragment in seiner Poetologie und Textualität Bedingungen anbietet, die eine im Medienwechsel von Literatur zu Film implizit verhandelte Filmtheorie befördert. Dieses Unterfangen gewinnt vor dem Hintergrund der bisherigen Diskussion um Hanekes Schloss-Verfilmung an besonderer Relevanz, da der Film sowohl von Haneke selbst als auch innerhalb der filmwissenschaftlichen Beschäftigung kaum berücksichtigt wird. Dies, so ein weiterer Schwerpunkt des Beitrags, lässt sich an einer für den Umgang mit Haneke bemerkenswerten Verflechtung beobachten: Wie kaum ein anderer Autorenfilmer wird Haneke selbst als geradezu auratischer Interpret seines Werkes aufgerufen, dessen (Eigen-)Deutungen nur selten im Kontext seiner Autorschaft hinterfragt werden.

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Der Auteur als Manipulateur – An den Grenzen des formalen Reduktionismus. Zu Michael Hanekes Liebe

Michael Haneke feierte dieses Jahr seinen 70. Geburtstag, mit seinem neuesten Film Liebe erhielt er die sechste Einladung zu den Internationalen Filmfestspielen von Cannes und nach Das weiße Band – eine deutsche Kindergeschichte(2009) seine zweite Goldene Palme. Bereits 2001 erhielt er mit Die Klavierspielerin den großen Publikumspreis und 2005 für Caché den Preis für die beste Regie. Neben zahlreichen positiven Kritiken und weiteren Preisen wurde Liebe auch mit dem europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Nicht zuletzt diese Auszeichnungsfreude zum runden Geburtstag des Regisseurs, sowie die Tatsache, dass Hanekes Filme in Cannes inzwischen Tradition haben, gibt zu der Frage Anlass, wie kontrovers das Kino eines Regisseurs eigentlich sein kann, das schon längst bei seinem bürgerlichen Publikum angekommen ist. Eine kritische Revision der ästhetischen Verfahren Hanekes sowie seiner impliziten und expliziten Medienkritik soll Aufschluss geben über den bedenkenswerten Erfolg von Liebe.

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