Jahresarchive | 1997-2003

Das originale Publikationsdatum der Beiträge, die vor dem 25.08.2003 erschienen, ist nicht mehr präzise zu eruieren.


COSIGN 2001 – Ein Bericht

Vom 10. bis 12. September fand am Centrum voor Wiskunde en Informatica (CWI) in Amsterdam unter dem Titel COSIGN 2001 die erste Konferenz zum Thema „Computational Semiotics for Games and the New Media” statt. Die Idee zu dieser Zusammenkunft von Informatikern, Medienschaffenden, Künstlern, Theoretikern und Kritikern war ursprünglich aus einem Mangel heraus entstanden, was das gemeinsame Vokabular von Forschern und Entwicklern im Bereich der neuen Medien betrifft. Das primäre Anliegen der Veranstalter war daher die Entwicklung einer Sprache, die eine Verständigung über Phänomene der Codierung und Vermittlung von Sinn in der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine erlaubt. Im Vordergrund standen dabei allerdings nicht kommunikationswissenschaftliche Modelle der „Befehlsübermittlung”, sondern komplexe interaktive Systeme, die oft eine soziale Funktion erfüllen und dabei auf verschiedenen Sinnebenen gleichzeitig operieren.

‘Hygiene im Äther’ oder die verpaßte Realität. Karl-Eduard von Schnitzler und der ‘Der Schwarze Kanal’

Als sich Karl-Eduard von Schnitzler am 30.10.1989 mit seiner Sendung ‚Der Schwarze Kanal‘ nach fast dreißig Jahren vom Bildschirm verabschiedete, ging eine Ära des DDR-Fernsehens zu Ende. Wohl kaum ein zweiter Journalist der DDR erreichte jenen Bekanntheitsgrad, wohl kaum eine andere offizielle Stimme sorgte dauerhaft für ähnlich erhitzte Gemüter, wie die polemisch-aggressiven Haßtiraden von Schnitzlers. Trotz dieser Begebenheiten ist das ‘Phänomen’ dieser Wochenschau ins westliche Fernsehen bisher nur ungenügend ergründet, was sich auch daran zeigt, welches Interesse immer noch an der Person von Schnitzlers und seiner journalistischen Denkart besteht. Obwohl mittlerweile in Rente und keine offizielle Meinung mehr verkündend, wird Karl-Eduard von Schnitzler mit seinen mittlerweile 80 Jahren nicht müde, seine sozialistischen Gedanken weiter zu verbreiten.

Roberto Simanowski: Interfictions. Eine Rezension

Wer sich in irgendeiner Form mit den elektronischen Spielarten der Literatur beschäftigt, dem begegnet früher oder später der Name Roberto Simanowski. Der Herausgeber des “Magazins zu Werken und Theorie der digitalen Literatur und Kunst”, dichtung-digital (www.dichtung-digital.de), ist ein unermüdlicher Rezensent, Fürsprecher und Förderer der sogenannten Netzliteratur (siehe beispielsweise auch das online-Kommunikationsforum auf IASLonline über Netzkommunikation in ihren Folgen gemeinsam mit Georg Jäger) . Erst vor einigen Monaten machte Simanowski mit dem von ihm herausgegebenen Begleitband zu dem von dtv und T-Online veranstalteten Wettbewerb Literatur.digital auf sich aufmerksam, nun legt er nach: soeben ist in der edition suhrkamp unter dem Titel Interfictions seine theoretische Abhandlung über das “Schreiben im Netz” mit erschienen.

Kafkas “stehender Sturmlauf” im Spannungsfeld zur Wunschvorstellung der Transgression

Der Vorschlag, auf welche Weise sich den Erzählungen Kafkas zu nähern sei, lautet hier, den literarischen Text als Kunstwerk anzusehen, das eine “Übersetzung” einer subjektiv empfundenen Wirklichkeit bedeutet. Grundannahme ist, daß textuell verschiedene, konträre Weltbilder versinnbildlichende Räume aufgerufen werden, die über bestimmte topologische, mit semantischen Gegensätzen korrelierende Oppositionen verfügen. Vor diesem Hintergrund wird das räumliche Modell zum organisierenden Element der Erzählung.

Adolf Wölfli als Mediensurfer

Adolf Wölfli (1864 -1930) gilt als einer der bekanntesten „schizophrenen“ Künstler. Sein Werk wurde daher vor allem unter Berücksichtigung seiner psychischen „Krankheit“ untersucht. Aber die aktuellen Diskussionen über moderne Mediennutzungsformen erlauben einen neuen Blick auf diesen Autor. Adolf Wölfli hat Medienangebote auf eine Weise genutzt, die heute allgemein verbreitet zu sein scheint.

Die Mimesis als Verfremdungseffekt

In den letzten Jahren zeigte sich in der amerikanischen Filmindustrie eine Tendenz dazu, mit alten Erfolgen erneut Kasse machen zu wollen. Dabei war vor allem das Remake bestimmend, also einen alten Film erneut zu verfilmen, und diesen dabei dem veränderten Zeitgeist anzupassen. Gus Van Sant nahm für sein Remake des Hitchcock-Klassikers Psycho den Begriff wörtlich und imitierte den Film nahezu eins zu eins bezüglich Kamera, Arbeitsbedingen, Drehbuch, Musik, etc. Durch die veränderten Sehgewohnheiten im Kino, ist damit keinesfalls nur eine Farbversion des Films entstanden, sondern vielmehr sein subtiler Filmessay über das Filmemachen und die veränderte Rezeption von Filmen.

Infantilisierung der Gesellschaft – ein mediales Konstrukt ?

Kritik an der Infantilität unserer gegenwärtigen Gesellschaft prägt derzeit Teile der kulturbeflissenen Öffentlichkeit. Regressive Tendenzen seien auf dem Vormarsch. Entrüstung gegenüber den elektronischen Medien, allen voran dem Fernsehen ist dabei allerorts großgeschrieben: Das Fernsehen, ohnehin schuld an Analphabetismus und Gewalttätigkeit, raubt unseren Kindern die Kindheit und formt sie zu kleinen konsumbesessenen Erwachsenen. Nun macht es mittels Talk-, Game- und Blödel-shows auch noch die Erwachsenen zu Kindern. Ist die Gesellschaft auf dem Rückweg?

Literatur und Literaturkritik in Deutschland. Eine Komödie in fünf Akten.

Warum wird ein Buch geschrieben, verlegt, gelesen, gelobt, gescholten, gelehrt? In Deutschland gibt es einige Kriterien der Produktion, Rezeption und Kanonbildung, die mit Literatur ungefähr so viel zu tun haben wie Fische mit Fahrrädern. Diese Bewertung deutet bereits darauf hin, daß es sich bei den folgenden Zeilen um eine Polemik über den Literaturbetrieb handeln wird. Nun ist das mit Polemiken so eine Sache. Die Form (Komödie) dient als Fallschirm. Hoffentlich geht er auf.

Superman zwischen Mist und Mythos – Die Karriere eines amerikanischen Helden

Die Tage des amerikanischen Comic-Superhelden sind bei weitem noch nicht gezählt. Seit seiner Erfindung hat es Superman stets verstanden, sich dem aktuellen Zeitgeist anzupassen und zu überleben. Die Zählebigkeit des Trivialen beschert dem 20. Jahrhundert einen modernen Mythos, der sich mit Sicherheit auch noch in das nächste Jahrtausend retten wird.